Hildburghäuser Geschichte
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Rückert, Friedrich

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Friedrich Rückert

Pseudonyme: Freimund Raimar, Reimar, Reimer

* 16.05.1787, Schweinfurt
† 31.01.1866, Neuses (heute: Stadtteil Coburgs)

Friedrich Rückert in altdeutscher Tracht.
Kupferstich von Carl Barth, um 1821
Sammlung Salier

 

Spätromantischer Lyriker, Begründer der deutschen Orientalistik, Nachdichter und Übersetzer fernöstlicher und orientalischer Lyrik

Der Sohn des Rentbeamten Johann Adam Rückert (* 03.01.1763, Schwarzbach, b. Hildburghausen – 30.12.1835, Schweinfurt) wird in Schweinfurt geboren und wächst in Oberlauringen/Unterfranken auf. Die Kindheitserinnerungen verarbeitet er 1829 in dem poetisch-humoristischen Zyklus Erinnerungen aus den Kinderjahren eines Dorfamtmannssohns. Nach dem Besuch der Lateinschule in Schweinfurt beginnt er 1805 ein Jurastudium an der Universität Würzburg, wendet sich aber bald der Philologie und Ästhetik zu. In seiner Studienzeit ist er aktiv im Corps Franconia Würzburg. 1810 wird er in Hildburghausen Mitglied der Freimaurerloge „Karl zum Rautenkranz“. 1811 hat er eine Anstellung als Dozent in Jena und kurze Zeit ist er Gymnasiallehrer. Anschließend lässt er sich als Privatgelehrter in Würzburg nieder. In dieser Zeit verweilt er oft in Würzburg, in Hildburghausen und in seinem Elternhaus in Schweinfurt. In der napoléonischen Zeit wird er wegen seiner Dichtungen außerordentlich bekannt. Große Popularität erlangen seine Geharnischten Sonette unter dem Pseudonym Freimund Raimar gegen die französische Fremdherrschaft. Die Sonette werden 1814 ohne Nennung des Verlages und des Druckortes veröffentlicht.

Minister v. Wangenheim vermittelt ihm einen Aufenthalt in Stuttgart. Dort übernimmt er die Redaktion des poetischen Teils des Cotta’schen Morgenblattes für gebildete Stände, ferner ist er 1817 für den Kranz der Zeit zuständig. Als Dichter ist er in jener Zeit sehr produktiv, er verfasst von 1816 bis 1818 Napoleon, eine politische Komödie in zwei Stücken.

1817 unternimmt er eine große Reise nach Italien, pflegt hier gute Kontakte zu deutschen Künstlern, auch zu Carl Barth, den er als „Mein lieber Freund und Kupferstecher“ bezeichnet, das in Deutschland zum „Geflügelten Wort“ geworden ist. 1818/19 kehrt er über Wien in seine Heimat zurück. In Wien lernt er bei Joseph v. Hammer-Purgstall Persisch. Anschließend ist er von 1820 bis 1826 in Ebern und Coburg Privatlehrer. 1821 zieht er in das Haus des Archivars Fischer in Neuses bei Coburg. Er heiratet am 26. Dezember 1821 dessen Tochter Luise Wiethaus-Fischer, mit der er zehn Kinder hat. Hier übersetzt er Teile des Koran sowie der Hamasa des Abu Tamman 788 – 845) und gibt 1822 seinen ersten großen Gedichtband Die Östlichen Rosen heraus. In der Literaturwissenschaft wird der Band als Antwort Rückerts auf Goethes West-östlichen Divan bezeichnet. 1826 wird er als Professor der orientalischen Sprachen und Literaturen nach Erlangen berufen.

Im Winter 1833/34 muss er den Tod seiner beiden Lieblingskinder Luise († 31. Dezember 1833) und Ernst († 16. Januar 1834) beklagen. In Erinnerung schreibt er etwa 400 Kindertotenlieder. Einige sind auch in Vertonung durch Gustav Mahler (1901, 1904) weltberühmt geworden. 

1841 wird er vom Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. nach Berlin berufen (Seine Mutter ist Königin Luise von Preußen, deren Schwester ist die Herzogin Charlotte von Sachsen-Hildburghausen). Am 31. Mai 1842 wird Rückert vom kunstbegeisterten König der Orden Pour le Mérite für Wissenschaft und Künste verliehen. Bis 1848 lebt er mit sehr vielen Unterbrechungen in Berlin, es drängt ihn aber wieder zurück in seine fränkische Heimat. Der König entlässt ihn und gewährt ihm bis zu seinem Lebensende die Hälfte des bisherigen Gehalts. Er zieht sich auf sein Gut bei Neuses zurück. Sein schöpferisches Refugium wird der dortige Goldberg. Bis zu seinem Lebensende bleibt er außerordentlich produktiv, gibt die Haus- und Jahreslieder und die Hamasa (1846) heraus.

Sein Grab befindet sich neben der Dorfkirche von Coburg-Neuses.  

Auszeichnungen 

1838 Bayerischer Michaelsorden I. Klasse

1841 Regierungsrat

1842 Orden Pour le mérite für Wissenschaft und Künste (1842)

1853 Bayerischer Maximiliansorden (1853) 

1859 Ehrenmitglied des Pegnesischen Blumenordens

1863 Ehrenmitglied des Freien Deutschen Hochstifts, Frankfurt/Main

1865 Ehrenbürger von Schweinfurt

         - Kommandeur des Ordens Unserer Lieben Frau von Guadalupe 

Ab 1832 ist er Korrespondierendes und ab 1859 Auswärtiges Mitglied der Bayrischen Akademie der Wissenschaften. 

In seinem Leben hat er sich mit 44 Sprachen beschäftigt (Übersetzungen, Lehre, Sprachwissenschaft):

Afghanisch, Albanisch, Altkirchenslawisch, Arabisch, Armenisch, Äthiopisch, Avestisch, Azeri, Berberisch, Biblisch-Aramäisch, Englisch, Estnisch, Finnisch, Französisch, Gotisch, Griechisch, Hawaiisch, Hebräisch, Hindustanisch, Italienisch, Kannada, Koptisch, Kurdisch, Latein, Lettisch, Litauisch, Malaiisch, Malayalam, Maltesisch, Neugriechisch, Neupersisch, Pali, Portugiesisch, Prakrit, Russisch, Samaritanisch, Sanskrit, Schwedisch, Spanisch, Syrisch, Tamil, Telugu, Tschagataisch, Türkisch. 


Denkmale

-          Im Jahr 1833 stellt der Bildhauer Carl Ernst Conrad, Hildburghausen, in der Ausstellung der Berliner Akademie das Modell einer Büste Friedrich Rückerts aus, die in den Besitz des bayerischen Königs gelangt. (König Ludwig I., seine Gemahlin Therese ist die Tochter der Herzogin Charlotte von Sachsen-Hildburghausen). Der Bildhauer Müller aus Meiningen gestaltet nach dem Modell eine überlebensgroße Büste aus Carrara-Marmor. Auf einem Syenitsockel steht sie heute im Rückert-Park in Coburg-Neuses. Das Denkmal ist am 28. Oktober 1869 enthüllt worden.

-          Auf dem Berliner Kreuzberg (Viktoriapark) steht eine Hermenstele Rückerts (Herme – Pfeilerschaft mit aufgesetztem Kopf und Schultern), gestaltet von Prof. Ferdinand Lepcke (1866 – 1909). (Lepcke stammt aus Coburg, seine Mutter aus Hildburghausen. Er hat das bronzene Bismarck-Relief am Bismarck-Turm in Hildburghausen gestaltet [02.09.1908 Enthüllung]). 

-          Für den Schweinfurter Marktplatz wird am 18. Oktober 1890 ein Denkmal, gestaltet von Prof. Friedrich Thiersch und Prof. Wilhelm v. Rümann, geweiht. Rückert auf einem Lehnstuhl sitzend, an seinen Füßen ruhen zwei weibliche Figuren. Sie stehen als Allegorien für seine Gedichtzyklen Geharnischte Sonette und Die Weisheit des Brahmanen.

-          Im Schlossgarten Erlangen ist 1904 in Jugendstilformen ein Brunnendenkmal errichtet worden. 

Kunstgeschichtlich bedeutsame Bildnisse Rückerts sind bekannt von Carl Barth, Carl August Hohnbaum d. J. (beide Hildburghausen) und auch von der Porträt- und Genremalerin Bertha Froriep (1833, Berlin – 1920, Weimar). 


 

Friedrich Rückert
Stahlstich von Carl Barth
(nach einer Vorzeichnung aus dem Jahr 1843)

 

Porträt von Friedrich Rückert
Von Bertha Froriep (1864)

 

Kompositionen: 1859 vertont der Komponist und Dirigent Robert Radecke (1830 – 1911) das Gedicht Aus der Jugendzeit, aus der Jugendzeit. Fünf Kindertotenlieder vertont Gustav Mahler. Weitere Kompositionen nach Werken Rückerts von Franz Schubert, Robert Schumann, Clara Schumann, Johannes Brahms, Carl Loewe, Heinrich Kaspar Schmid, Richard Strauss und Felix Draeseke. Heinrich Kaspar Schmid (1874 – 1953) vertont in opus 8 So wandl' ich in Gedanken für Bariton und Klavier. Im Liederspiel zur Laute, oder auch Klavier opus 31 werden von ihm sieben Lieder (Hüter, spät und früh; Im Frühling; Die nickende Mutter: Liebe im Kleinen; Lockvogel; All Liebe; Herbsthauch). 1993 vertont die britische Songwriterin Anne Clark (* 1960) mehrere Gedichte Rückerts (u. a. Ich bin der Welt abhanden gekommen) in ihrem Album The law is an Anagram of Wealth.

Friedrich Rückert

Laßt im Grünen mich liegen

Laßt im Grünen mich liegen
Unter Blumen und Klee,
Unter Blumen mich schmiegen,
Unter Blumen und Klee!

Wo nach Düften die Lüfte
Jagen, Strahlen des Lichts
Auf Thautropfen sich wiegen,
Unter Blumen und Klee!

Wo nach Beute die Bienen,
Und nach müßiger Lust
Summen goldene Fliegen,
Unter Blumen und Klee!

Unterm Klee und den Blumen,
Wo ich hüpfen euch sah
Gleich den Lämmern und Ziegen,
Unter Blumen und Klee!

Unterm Klee und den Blumen,
Wo ermüdet zu früh
Ihr ins Bettchen gestiegen,
Unter Blumen und Klee!

Hör' ich drinnen das Athmen
Ihres Schlummers? o Luft,
Will dein Hauch mich betrügen
Unter Blumen und Klee?

Quillst du, Fülle des Frühlings,
Oder blähen sich so
Ihre schwellenden Wiegen
Unter Blumen und Klee?

Ja, ich fühle das Pochen
Eurer Herzen hindurch,
Wo ihr lauschet verschwiegen
Unter Blumen und Klee!

Ihr wollt schlafen, so schlafet!
Wie ich immer euch gern
Wiegte, will ich euch wiegen
Unter Blumen und Klee!

Schlaft! es müsse vom Seufzer
Kein zu stürmischer Hauch
Euern Frieden bekriegen
Unter Blumen und Klee!

Und die leisere Thräne
Rinn' am Halmen hinab,
Ohn' ein Hälmchen zu biegen
Unter Blumen und Klee!

Glücklich nenn' ich den Seufzer
Und die Thräne, daß sie
So vergehn und versiegen
Unter Blumen und Klee! 

Aus: Kindertodtenlieder
vertont von Gustav Mahler  


Du bist ein Schatten am Tage

Du bist ein Schatten am Tage
Und in der Nacht ein Licht;
Du lebst in meiner Klage
Und stirbst im Herzen nicht. 

Wo ich mein Zelt aufschlage,
Da wohnst du bei mir dicht;
Du bist mein Schatten am Tage
Und in der Nacht mein Licht. 

Wo ich auch nach dir frage,
Find' ich von dir Bericht,
Du lebst in meiner Klage
Und stirbst im Herzen nicht. 

Du bist ein Schatten am Tage,
Doch in der Nacht ein Licht;
Du lebst in meiner Klage
Und stirbst im Herzen nicht. 

Anmerkung
„Du bist ein Schatten am Tage“ ist im Jahr 2009
von der deutschen Metalband Maroon im Lied „Schatten“
auf dem Album „Order“ (Century Media Records) verarbeitet.

 

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