Hildburghäuser Geschichte
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Teil 2 1789-1795

Am 04. Mai 1789 erlebte die Prinzessin Marie Thérèse Charlotte gemeinsam mit ihren Eltern die Eröffnungszeremonie der Generalstände.



J.M. Moreau Le Jeune Nationalbibliothek Frankreich
Eröffnung der Generalstände am 5. Mai 1789


Erst zum 5. Mai 1789 wurden sie von Ludwig XVI. aufgrund der finanziellen Krise auf Druck des Adels (2. Stand) nochmals einberufen.
Doch im Kampf um die Abstimmungsmodalitäten kam es zur Auseinandersetzung zwischen Adel, König und den Vertretern des Dritten Standes. So war ein Zwischenergebnis, die Anzahl der Vertreter des Dritten Standes auf 600 zu verdoppeln.
Am 17. Juni 1789 erklärte sich der Dritte Stand zusammen mit den Überläufern aus den ersten Ständen zur Nationalversammlung.

Der König akzeptierte notgedrungen diese Neuerung und stimmte schließlich auch einer Abstimmung nach Köpfen zu. Somit beschleunigte diese Nationalversammlung die Französische Revolution,
die mit einem Aufstand des Adels begonnen hatte, entscheidend.
Mit dem Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789, dem Beginn der Französischen Revolution, wird die größte politische Umwälzung in der Geschichte Europas eingeläutet. Dieses Ereignis wird von der Prinzessin gar nicht wahrgenommen, da es von ihr ferngehalten wurde.




Jean-Pierre Houël (1735-1813) Nationalbibliothek Frankreich - Wikipedia
Die Erstürmung der Bastille als Geschichtsmythos (Bild von Jean-Pierre Louis Laurent Houel, veröffentlicht 1789)


Aus: Helga Rühle v. Lilienstern; Hans-Jürgen Salier: Das große Geheimnis von Hildburghausen. – Salier Verlag
Leipzig und Hildburghausen, 2008

Frankreich. Sonderausgabe 10.Juli 1971 "Erstürmung der Bastille 1789"


Am 5. Oktober versammelten sich mehrere hundert (Markt-)Frauen, die man in der Folge einfach als Poissardes („Fischweiber“, auch direkt als Poissarden ins Deutsche übernommen) bezeichnete, beim Pariser Rathaus und zogen zum Hof nach Versailles; mit auf den Weg machte sich auch die aufständische Nationalgarde. Der Zug umfasste wahrscheinlich mehrere tausend Menschen, die ihre sozialen und politischen Forderungen kundtaten. Sie zwangen die königliche Familie von Versailles in die Tuilerien nach Paris umzuziehen.




Aus: Helga Rühle v. Lilienstern; Hans-Jürgen Salier: Das große Geheimnis von Hildburghausen. – Salier Verlag
Leipzig und Hildburghausen, 2008
Zug der Marktfrauen nach Versailles 5. Oktober 1789


Da Marie Antoinette sich in Paris hilflos und isoliert vorkam, stützte sie sich auf ihre Freunde außerhalb Frankreichs – Mercy, Axel von Fersen und Louis Auguste Le Tonnelier de Breteuil.


anonym vor 1871 - wikipedia
Tuilerien-Palast, Hoffassade, Fotografie um 1865


Der alte Palast war seit Jahrzehnten unbewohnt. Möbel, Teppiche und Gemälde wurden aus Versailles herbeigeschafft. Das Leben der Königsfamilie findet nun in einem kleineren Rahmen statt.
Am 07. April 1790 empfingen Marie Thérèse Charlotte gemeinsam mit ihrer Gespielin Ernestine de Lambriquet, die nach dem Tode ihrer Mutter, als Adoptivtochter der Königlichen Familie seit 1788 am Hofe erzogen wurde, ihre Erstkommunion.





  wikimedia commons, Zeichner unbekannt
Marie Antoinette mit ihren Kinder und  Madame Élisabeth, als der Mob in den Tuilerien Palast am 20. Juni 1792 kam.

Der Hass gegen die den Adel wurde immer stärker im Land. Die Wohnsitze der Königlichen Familie wurden bewacht. Man fürchtete ihre Flucht. Sie gerieten immer mehr zur Zielscheibe des Pöbels. In König Ludwig XVI. reifte der Plan, angetrieben von Marie-Antoinette, organisiert und finanziert hier der Axel Graf von Fersen eine Flucht.



Aus: Helga Rühle v. Lilienstern; Hans-Jürgen Salier: Das große Geheimnis von Hildburghausen
. – Salier Verlag Leipzig und Hildburghausen, 2008

Hans Axel Graf von Fersen d. J. (1755-1810) Gesandter des Königs von Schweden am französischen Hof.
Zwischen ihm und Königin Marie Antoinette wurde eine intimes Verhältnis vermutet, das über Jahre hin andauert und von ihrem Gemahl toleriert wurde.  Er ist Begleiter, Ratgeber und Organisator der Königlichen Familie und nimmt bei der Fluch eine führende Rolle ein.


Die Flucht misslang, aufgrund einer fünfstündigen Verspätung war die königliche Familie gezwungen, in Varennes zu übernachten. Trotz ihrer Verkleidung wurden sie im grenznahem Gebiet zu den Österreichischen Niederlanden von dem Sohn des Postmeisters Drouet erkannt. Er identifizierte den König nach dem Bildnis auf einem Louisdor.



Maler unbekannt- wikipedia
Darstellung der Gefangennahme der königlichen Familie in Varennes


Der König wurde verhaftet und die königliche Familie unter Bewachung nach Paris zurückgebracht.
Am 10. August 1792 veröffentlichte der Herzog von Braunschweig ein Manifest, in dem Gewalt angedroht wurde für den Fall, dass der königlichen Familie etwas zustoße. Das Volk stürmte die Tuilerien und brachte die königliche Familie in den Temple. Dort wurde die Königsfamilie streng bewacht, aber es gab immer noch Möglichkeiten, mit der Außenwelt zu kommunizieren.



Öl auf Leinwand, Schloß Versailles
«La prise des Tuileries», Gemälde von Jean Duplessi-Bertaux, 1793


Die Teilnahmslosigkeit des Königs führte dazu, dass die Königin in den Verhandlungen mitwirkte. Wegen ihrer Unerfahrenheit und Unkenntnis sowie unsicherer Informationen aus dem Ausland war es aber schwierig für sie, eine klare Politik zu verfolgen.
In geheimen Botschaften versuchte Marie Antoinette, die Herrscher Europas zu einer bewaffneten Intervention zur Niederschlagung der Revolution zu bewegen.
Aber die Verhandlungen dauerten an. Am 1. März 1792 starb Leopold II., ihm folgte Franz II. als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation – Marie Antoinette fürchtete nicht zu Unrecht, dass der neue Kaiser zu ihren Gunsten keine Intervention wagen würde. Während der Gefangenschaft erkrankte Marie Antoinettes Sohn.




Urheber unbekannt - wikipedia
Die Verurteilung Ludwigs XVI. (1792)

Viele Demütigungen und Beleidigungen musste die königliche Familie über sich ergehen lassen. Am 11. Dezember 1792 wurde Ludwig XVI. zum Verhör abgeholt, die Familie blieb über sechs Wochen im Unklaren. Am 20. Januar 1793 gab es in einem kurzen Wiedersehen einen Abschied für immer. Nur einen Tag später wird Ludwig auf der Guillotine hingerichtet.


Urheber unbekannt - wikipedia
Hinrichtung Ludwig des XVI. (Kupferstich aus dem Jahr 1793)

Am 2. August 1793 brachte man die "Witwe Capet" in die Conciergerie, das Pariser Untersuchungsgefängnis. Man hatte ihr bereits den Sohn weggenommen und trennte sie jetzt auch von ihrer Tochter und Madame Élisabeth, der Schwester des Königs.





Aus: Helga Rühle v. Lilienstern; Hans-Jürgen Salier: Das große Geheimnis von Hildburghausen. – Salier Verlag Leipzig und Hildburghausen, 2008
Marie Antoinette als „Witwe Capet” im Jahr 1793, Öl auf Leinwand



Conciergerie


Conciergerie von innen


Conciergerie von innen


Conciergerie, Von hier sind die Dilinquenten für die Guillotine ihren letzten Weg gegangen.

Am 14. Oktober 1793 begann der Prozess gegen die „Witwe Capet”. Man beschuldigte sie des Hochverrats und der Unzucht, ja sogar der Inzucht. Ihre Haltung angesichts der Anschuldigungen nötigte selbst manchen ihrer Feinde Respekt ab, und ihre Antworten während der langen Verhöre waren klar und durchdacht. Selbst ihre Kinder wurden mehrstündig verhört. Den achtjährigen Dauphin machte man mit Psychoterror und großen Alkoholmengen für belastende Falschaussagen gefügig.  Marie Thérèse Charlotte belastete in den Verhören trotz Gefahr für eigenes Leben ihre Mutter nicht. Die Geschworenen entschieden einstimmig auf schuldig, für den 16. Oktober 1793 wurde die Hinrichtung angesetzt.



Der französische Maler Jacques-Louis David zeichnete Marie Antoinette auf dem Henkerskarren, auf ihrer Fahrt zur Guillotine.. Er stand am Fenster, als sie unten auf der Straße vorbeigefahren wurde.

Um 12 Uhr wurde Marie Antoinette auf dem Revolutionsplatz, der heutigen Place de la Concorde, enthauptet. Mit stolzer Haltung, die ihrer Mutter Maria Theresia würdig gewesen wäre, geht sie vor einer jubelnden Menschenmenge in den Tod. Ihr Leichnam kommt in ein Massengrab.

Prinzessin Marie Thérèse Charlotte, nicht mal vierzehn Jahre alt, erlebte sie, wie im Laufe der Jahre 1993/94 ihr Vater, ihre Mutter und ihre Tante, Madame Élisabeth abgeholt und später hingerichtet werden. Auch ihr achtjähriger Bruder wird von ihr am 3. Juli 1793 getrennt.



Der Dauphin Louis Charles mit seinem Kerkermeister, dem Schuster Antoine Simon nach einem zeitgenössischem Stich.

Nach der Hinrichtung seiner Eltern im Jahr 1793 wurde der Schuster Antoine Simon, ein Jakobiner, beauftragt, den Dauphin zu einem „guten Bürger“ zu erziehen. Nachdem Simon ebenfalls auf der Guillotine hingerichtet worden war, lebte das Kind im Temple-Gefängnis allein auf sich gestellt weiter. Er starb am 8. Juni 1795 im Alter von zehn Jahren – abgemagert, verwahrlost, verlaust. Die Ursache seines frühen Todes ist nicht mit Sicherheit bekannt; es wird eine Tuberkuloseerkrankung vermutet.
Auch hier existieren Zweifel, ob  der wahre Dauphin Louis Charles im Temple verstorben ist oder ob er eventuell gegen einen kränklichen Jungen ausgetauscht wurde.





Madame Royale um 1793 im Temple, gezeichnet von einem Mitglied der Kommune.
Nationalbibliothek Paris


Für die Prinzessin begann nun eine fast einjährige Isolationshaft. Alle ihr nahe stehenden Menschen wurden vernichtet.  Das Essen reichte man ihr durch eine Türklappe, ihre Zelle wurde dreimal täglich durchsucht. Sie versprühte in ihrer Zelle Waschwasser, um die Luftfeuchtigkeit zu erhöhen. Sie bewegte sich körperlich, um ihre Muskeln fit zu halten. Ihre Handarbeiten trennte sie immer wieder auf, um diese anders zu gestalten. Ihre wenigen Bücher kannte sie inzwischen auswendig. Zu ihren Bewachern vermied sie jeglichen Kontakt. Aus Angst behielt sie manchmal auch über Nacht ihre Kleider an. Eine mögliche Schwangerschaft wurde daher nicht ausgeschlossen.

Erst mit dem Sturz Robespierre konnte dem blutwütigen Terror in Frankreich ein Ende gesetzt werden.





Maximilien Robespierre (anonymes Porträt, um 1793)

In  15 Monaten zwischen dem 10. März 1793, der Gründung des Revolutionstribunals, und dem 10. Juni 1794, dem Prairial-Dekret, hatte das Revolutionstribunal 1579 Todesurteile verhängt. In den nur 49 Tagen zwischen der Einführung dieses Dekretes und dem Sturz Robespierres am 27. Juli 1794 wurden 1376 Personen verurteilt.



Maler Max Adamo, Staatliches Museum Berlin . wikipedia

Der Sturz Robespierres im Nationalkonvent am 27. Juli 1794


Robespierre kündigte dem Parlament ein neue "Säuberungswelle" an. Er wollte weitere Verräter der Guillotine ausliefern. Jetzt konnte jeder im Konvent betroffen sein. Viele befürchteten als Verräter angezeigt und hingerichtet zu werden. Daher waren nach dieser Ankündigung kaum noch Befürworter für die Erhaltung der Macht Robespierres zu finden.



Maler unbekannt, Nationalbibliothek Frankreich -wikipedia
Die Hinrichtung Robespierres


Am 28. Juli 1794 wurde Maximilien de Robespierre selbst zur Guillotine gebracht, wo er gemeinsam mit 21 seiner Anhänger enthauptet wurde. In den Tagen darauf folgten ihm noch 83 weitere Anhänger. Eine Gerichtsverhandlung hatte angeblich nicht stattgefunden.

Mit dem Ende der Schreckensherrschaft verbesserte sich allmählich die Lage der Prinzessin in der Gefangenschaft. Sie bekam neue Wächter mit besseren Manieren, die Haftbedingungen wurden erleichtert und, sie bekam eine Gesellschaftsdame, Madame de Chanterenne, an ihre Seite. Durch die lange Einzelhaft konnte Madame Royale keine zusammenhängenden Sätze mehr sprechen. Madame de Chanterenne lehrte sie wieder zu sprechen und unterwies sie in der italienischen Sprache. Seit dem 30. Juli darf sie endlich wieder Hofspaziergänge unternehmen. 



Der Künstler Marquis de Parrois hat mit Hilfe eines Teleskops vom Fenster eines benachbarten Hauses mehrere Tage die Prinzessin bei ihren Spaziegängen im Hof des Temples gezeichnet.

Die einzige Überlebende der französischen Königsfamilie, Marie Thérèse Charlotte, wurde  nun Spielball der Politik. Man übergab sie am 18. Dezember 1795 bei Basel
im Austausch für französische Kriegsgefangene. Danach ist der weitere Lebensweg allerdings unklar.


Bilder ohne Quellenangabe stammen aus dem Band „Das große Geheimnis von Hildburghausen“ (Mit freundlicher Genehmigung Salier Verlag Leipzig und Hildburghausen, Helga Rühle v. Lilienstern und Hans-Jürgen Salier)

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